FAQ – Wozu braucht es eigentlich Gewerkschaften?

Gewerkschaften sind freiwillige Berufsvereinigungen unselbstständiger Erwerbstätiger. Ihr Kerngebiet ist die Verhandlung von Kollektivverträgen und jährlichen Lohn- und Gehaltsrunden. Gewerkschaften versuchen aber auch, Gesetze zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Lebensbedingungen unselbständiger Erwerbstätiger auf der gesetzlichen Ebene durchzusetzen beziehungsweise Verschlechterungen zu verhindern. Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit sind etwa die Kurzarbeiterregelung mit der 1,3 Mio. Jobs gesichert werden konnten, oder das Gesetz zur Pflegekarenz. 

Würde es keine Gewerkschaften geben, müssten alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihre Arbeitsbedingungen, ihre Arbeitszeiten, ihre Lohnschemen sowie die jährlichen Lohnrunden jede und jeder für sich einzeln mit der Arbeitgeberseite verhandeln, oder aber einfach akzeptieren, was diese beschließt. In Ländern mit schwachen Gewerkschaften sind Bedingungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durchschnittlich schlechter – ob das nun die Gesundheitsversorgung, die Lohnentwicklung, die Arbeitszeit oder das Pensionssystem betrifft.

Viele wissen nicht, dass die jährliche Inflationsabgeltung NICHT gesetzlich geregelt ist. Für Angestellte sind auch Weihnachts- und Urlaubsgeld NICHT gesetzlich geregelt. Rechtsanspruch auf Weihnachtsund Urlaubsgeld besteht für Angestellte nur, weil diese Leistung im Kollektivvertrag geregelt ist. 

Ob es um die Pensionsversicherung geht, die Unfall- oder Krankenversicherung, den Arbeitnehmerschutz, die innerbetriebliche Mitbestimmung und das Arbeitszeitgesetz, unser Sozialstaat beruht auf Gesetzen, die von den Gewerkschaften durch Überzeugungsarbeit, durch Kampagnen und oft erst durch eine Mobilisierung der Mitglieder durchgesetzt worden sind (siehe „ÖGB – Die Erfolge seit 1945“). Einerseits ist der Sozialstaat in allen seinen Bestandteilen eine Einrichtung, die immer wieder aufs Neue verteidigt werden muss. Ob es um die Notstandshilfe geht, das öffentliche Pensionssystem, das Gesundheitssystem oder die Arbeitszeit. Die Erfahrung zeigt, dass auch empfindliche Rückschritte möglich sind. Andererseits wird der Sozialstaat immer wieder vor neue Herausforderungen gestellt:

  • Seelisch krankmachende Arbeitsbedingungen wie Burnout
  • Pflegenotstand
  • Drohende Entwicklung einer zwei-Klassengesundheitsversorgung
  • Hohe Arbeitslosigkeit als Folge von Wirtschaftskrisen
  • Armutsgefährdung in Niedriglohnbranchen 

Gerade die „Corona Krise“ zeigt, wie effektiv Gewerkschaften sein können. Einerseits konnte sehr schnell eine Kurzarbeits-Regelung erreicht werden, um möglichst viele Kündigungen zu verhindern. Andererseits konnten die Gewerkschaften viele sozialpolitische Forderungen durchsetzen, wie eine deutliche Anhebung der Notstandshilfe, Schutzmaßnahmen für Handelsangestellte oder der gesetzliche Schutz der Risikopersonen, der schlussendlich auch auf Bereiche, die der kritischen Infrastruktur angehören, ausgeweitet wurde. Die Gewerkschaft konnte zudem durchsetzen, dass die Entgeltfortzahlung bei einer behördlichen Schließung außer Streit steht.

Unabhängig von der „Corona Krise“ haben Gewerkschaften in den letzten Jahren deutliche Erfolge bei der Anhebung von Mindestlöhnen in Kollektivverträgen erzielt, beim Thema Pflegekarenz und Pflegehospizkarenz oder etwa der Anerkennung von Karenzzeiten und der abschlagsfreien Pension nach 45 Beitragsjahren.

Im Dezember 2013 war es der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD) durch eine Großkundgebung am Ballhausplatz möglich, eine Nulllohnrunde für öffentlich Bedienstete zu verhindern, während es im Rest von Europa als Folge der Finanzkrise zu teils dramatischen Gehaltskürzungen kam.

Daneben gibt es sicher auch Bereiche, wo die Gewerkschaften gemeinsam mit den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern noch deutlich an Durchsetzungsfähigkeit dazu gewinnen müssen, wenn wir etwa an das Thema Pflege oder die Lohnschere zwischen Frauen und Männer denken.

Die Werte und Ziele der Gewerkschaften sind im Leitbild und in den Statuten des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (ÖGB) festgeschrieben und gelten auch für alle Einzelgewerkschaften.

Der Grundwert der Gewerkschaften ist die Solidarität - die Überzeugung, dass es uns allen besser geht, wenn es einen starken Sozialstaat gibt, ein gutes öffentliches Gesundheitssystem, ein gutes Bildungswesen und sichere Pensionen. Erwerbstätige Menschen sollen von ihrer Arbeit nicht nur gut leben können, sondern sich auch weiterentwickeln und weiterbilden können. Sie sollen Bedingungen vorfinden, die es ihnen ermöglichen, Betreuungspflichten und Arbeit unter einen Hut zu bringen und sich in Eigenverantwortung für die Gemeinschaft zu engagieren.

Auch die Arbeiterkammer vertritt die Interessen der unselbständig Beschäftigten. Arbeiterkammer und Gewerkschaft haben aber unterschiedliche Schwerpunkte. Die Arbeiterkammer berät mit Hilfe einer großen Zahl von Expertinnen und Experten ihre Mitglieder in allgemeinen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmerfragen. Als Sozialpartner begutachtet sie Gesetze und macht auch ihrerseits Gesetzesvorschläge.

Wenn es aber um die Mobilisierung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern geht, um Verbesserungen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf Ebene des Kollektivvertrages oder auf gesetzlicher Ebene zu erreichen, oder Verschlechterungen zu verhindern, dann ist das die Aufgabe der Gewerkschaft.

Die Vernetzung der Beschäftigten und der BetriebsrätInnen auf Branchenebene, um voneinander zu lernen und um gemeinsame Interessen besser vertreten zu können, ist die Aufgabe der Gewerkschaften.

Die Arbeiterkammer ist als gesetzliche Interessensvertretung ein Teil des Staates, der den unselbstständig Beschäftigten viele Dienstleistungen bietet. Die Gewerkschaften hingegen sind freiwillige Zusammenschlüsse, um solidarisches Handeln der unselbständig Beschäftigten auf Branchenebene zu fördern und zu ermöglichen.

Gewerkschaften sind nur dann durchsetzungsstark, wenn sie viele Mitglieder haben. Das gilt für den einzelnen Betrieb, für die Branche und auch für das Land. Jener Anteil der Belegschaft, der Mitglied der Gewerkschaft ist, wird auch Organisationsgrad genannt. In Österreich wird der Organisationsgrad von vielen Entscheidungsträgerinnen und -trägern sowie der Arbeitgeberseite als Indikator gesehen, wie durchsetzungsstark die Gewerkschaft in diesem Bereich ist. Das zeigt sich auch in den Arbeitsbedingungen einer Branche. Gut organisierte Branchen wie die der Metallarbeiterinnen und -arbeiter erzielen in der Regel höhere Lohnabschlüsse als etwa Handelsangestellte, wo der Organisationsgrad sehr niedrig ist.

In ausgegliederten Bundeseinheiten ist der Anteil der Gewerkschaftsmitglieder im Vergleich zu anderen Teilen des Bundesdienstes leider oft sehr gering. Dies ist auch mit ein Grund, dass in diesen Bereichen manchmal schlechtere Bedingungen vorzufinden sind als im Bundesdienst (z.B. prekäre Beschäftigungsverhältnisse bei den Bundesmuseen und Universitäten, sinkende Budgetmittel bei ausgegliederten Einheiten der Verwaltung,…).

Wenn die „Corona Krise“ vorbei ist, wird die Frage ins Zentrum rücken, wer für die Kosten aufkommt. Bereits bisher musste die öffentliche Verwaltung meist als erstes herhalten, wenn es um die Frage der Staatsfinanzen ging. Alleine daran lässt sich erkennen, wie wichtig in den nächsten Jahren möglichst starke Gewerkschaften für uns alle sein werden.

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